VG21 - anspruchsvolle Wanderung über 3 Tage
Diese komplette Durchquerung des Unteren Val Grande folgt einer der Fluchtrouten der Partisanen. Auf unserer abwechslungsreichen Wanderung kommen wir an zahlreichen Zeugnissen des Kampfes in diesen unwegsamen Bergen vorbei: Ruinen, Gedenktafeln und Wege erzählen uns von den Geschehnissen im Juni 1944.
Natürlich kommen auch die sonstigen Höhepunkte des Nationalparks nicht zu kurz: viel unberührte Natur, großartige Panoramen und die Geschichte und Geschichten der Bauern und Holzfäller, die diese wilden Täler einst bevölkerten.
Ausgangspunkt: Mergozzo
Wir starten im pittoresken Mergozzo am gleichnamigen See und steigen zum nicht weniger hübschen Weiler Bracchio auf. Hier beginnt eine großartig angelegte Mulattiera, die uns in vielen Serpentinen zur Maiensäß von Vercio bringt. In diesem abgelegenen Weiler existiert eine Einsiedelei, und bis vor ein paar Jahren hat im kleinen Kirchlein regelmäßig ein Pfarrer gepredigt.
Nun geht es auf einem schmaleren Pfad steil hinauf zum Sattel der Colma di Vercio. Wir winden uns durch die steilen Hänge des Monte Faiè, kommen an einigen fantastischen Aussichtspunkten vorbei und erreichen schließlich den Übergang in eine andere Welt. Hier das lärmige Ossolatal und die in der Sonne flirrenden Südhänge, dort die unendliche Stille der dunklen Buchenwälder des Nationalparks.
Hier wartet nicht nur unberührte Natur, sondern auch jede Menge Geschichte auf uns. Jeder Stein, jeder Baum und jede Ruine weiß eine Geschichte über Holzfäller, Bauern und Köhler zu berichten - und natürlich über die Partisanen, die hier ihre verzweifelte Flucht vor den faschistischen Truppen quer durchs Val Grande begonnen haben.
Wir erreichen das große und fast vollständig in Ruinen liegende Dorf der Corte Buè, wo es den ersten Gefallenen auf Seiten der Widerstandskämpfer zu beklagen gab. Noch heute erinnern verkohlte Türstöcke von den Brandschatzungen der Nazis.
Vor ein paar Jahren wurde hier ein winziges Bivacco eröffnet, und so haben wir die Gelegenheit, eine Kaffeepause an diesem eindrucksvollen Ort einzulegen.
Weiter geht es auf einem von den Bauern vor vielen Jahrzehnten angelegten Maultierpfad, der heute nur noch vereinzelt von Wanderern begangen wird, und uns steil in die Schlucht des Rio Val Grande hinabführt. Die Brücke, die uns darüber hinweg hilft, wurde 1944 gesprengt und nach dem Krieg originalgetreu wieder aufgebaut.
Wir mobilisieren noch einmal unsere verbliebenen Kräfte und machen uns an den letzten kurzen Aufstieg des Tages nach Velina-Baserga. In der dortigen kleinen Hütte, die vor einigen Jahren für Wanderer eröffnet wurde, wird es uns an nichts fehlen.
Der zweite Tag bringt uns auf einem Höhenweg nach Cicogna, der kleinen Hauptstadt des Parks. Dabei passieren wir zunächst ein etwas anspruchsvolleres Stück, das mit Ketten gesichert ist. Später erleben wir dann den morbiden Charme der zahlreichen Geisterdörfer, die sich entlang des Weges befinden und längst vom Wald vereinnahmt sind, inklusive vieler hundert (!) Kilometer verfallener Terrassen und einer alten Weinpresse. Geschichte hautnah.
Nachdem wir im pittoresken Dorf gerastet haben, folgen wir einem im 19. Jahrhundert angelegten, kühnen Weg durch eine wilde Klamm. Der Holzmagnat Sutermeister ließ diesen für sich und seine Arbeiter errichten, und er befindet sich nach wie vor in einem ausgezeichneten Zustand.
Auf halber Strecke passieren wir eine der schönsten Badestellen des Nationalparks. Wer also eine prickelnde Erfrischung benötigt, dem kann ich nur empfehlen: hinein!
Nach einiger Zeit erreichen wir dann die kleine Siedlung Pogallo, die früher die Waldarbeiter beherbergte. Während des Krieges errichteten die deutschen Besatzer hier eine Kommandostation und führten Erschießungen gefangen genommener Partisanen durch. Einige Tafeln und Gedenksteine erinnern daran.
Nun verlassen wir die Zivilisation und tauchen erneut in die Einsamkeit ab. Der Weg im hier abzweigenden Val Pianezzoli ist zwar einfach, aber oftmals nicht gepflegt und daher unter Farn und Gras vergraben. Im Sommer wirklich eine "grüne Hölle" - für jeden Naturliebhaber der Himmel auf Erden!
Immer wieder kreuzen wir den hier etwas ruhigeren Wildbach, ehe wir ganz am Ende des Tals unsere nächste Unterkunft erreichen. Das Bivacco Pian di Boit - eine kleine Hütte am Ende der Welt. Auch hier gibt es zahlreiche Badestellen, wesentlich geheimer und unentdeckter als noch im Val Pogallo.
Den Abend verbringen wir vor dem knisternden Kaminfeuer oder, bei entsprechendem Wetter, an der Feuerstelle im Freien.
Am dritten Tag wird es sogleich steil. Unser Weg windet sich in zahlreichen Serpentinen zunächst durch Wald, dann über Wiesenhänge zur Bocchetta di Terza hinauf. Die Flüchtenden mussten diese Strecke damals ausgehungert und im strömenden Regen überwinden.
Vom Pass bietet sich uns ein großartiger Blick sowohl ins Val Pogallo als auch in Richtung Val Vigezzo, in das wir nun absteigen. Der Weg ist zwar weiterhin in relativ gutem Zustand, doch nicht weniger steil als der Aufstieg. Nach einiger Zeit erreichen wir den Grund des kleinen Seitentals Val Prebusa, dem wir bis zur Ortschaft von Finero folgen. Die Partisanen, die von hier in die nahe Schweiz fliehen wollten, wurden bereits von Soldaten der SS erwartet, denn die Überquerung der einzigen Straße war für die Widerstandskämpfer obligatorisch. Die meisten fielen im Kugelhagel, und wer in Gefangenschaft geriet, wurde einige Tage später bei Fondotoce hingerichtet. Diejenigen, die es über die Grenze schafften, reorganisierten sich schnell und nahmen im Herbst an der Befreiung des Ossolatals teil.
Auch wir wandern weiter in Richtung Schweiz, beenden unsere Tour jedoch im letzten italienischen Dorf am Bahnhof von Re. Von dort bringt uns der Zug zurück nach Domodossola.
Höhendifferenzen:
1. Tag + 1300m, - 830m
2. Tag + 890m, - 440m
3. Tag + 850m, - 1310m
beste Jahreszeit: Juni bis Oktober
Leistungen:
-Zugfahrt ab/nach Domodossola
-Führung wie beschrieben
-Verpflegung: Brotzeit, Müsli-/Schokoriegel, zwei warme Mahlzeiten (Suppe, Pasta/Risotto, Nachtisch), Frühstück (Müsli, Kaffee, Tee)
-Übernachtung in den einfachen Unterkünften von Velina und Pian di Boit
maximale Teilnehmerzahl 4 Personen